Zwei Hände, die sich fast berühren.

Hilfsmittel: Ohne technische Unterstützung sind wir am Arsch

Meine 9 Tipps für digitales Arbeiten als mehrfach eingeschränkte Person

Ich will euch Hilfsmittel für Menschen mit Mehrfacheinschränkung vorstellen. Denn in den vergangenen Jahren habe ich viele Erfahrungen mit Apps, Softwareprogrammen und anderen Hilfsmittel für Seheingeschränkte gesammelt – aber die helfen mir oft nicht. Ich will euch meine liebsten Hilfsmittel für Menschen mit Mehrfacheinschränkung vorstellen – in der Hoffnung, dass auch für euch etwas dabei ist, das euch das Leben leichter macht.

Das Problem bei mir ist, dass ich ein paar Hilfsmittel, die für komplett blinde Menschen gemacht sind, nicht benötige oder nicht benutzen kann.

Zum einen sehe ich dafür noch zu gut: Bei mir ist eine Sehkraft von 30 bis 40 Prozent vorhanden. Die Brailleschrift benutze ich deshalb nicht, sondern versuche mit meiner verbliebenen Sehkraft und starkem Zoom auf dem Bildschirm zu lesen.

Zum anderen taugen mir nur Hilfsmittel, die ich mit einer Hand bedienen kann, denn mein linker Arm ist gelähmt. Bei mir kommt auch noch ein verlangsamtes Arbeitsgedächtnis durch meine Gehirnblutung dazu. Weil viele Hilfsmittel NUR für Blinde gemacht sind, nicht aber für Personen mit mehrfacher Behinderung, habe ich mich auf die Suche gemacht: Welche Hilfsmittel sind für mich und andere Menschen mit einem vielfältigen Einschränkungsbild geeignet?

Hier meine 9 Tipps, wie du herausfindest, welche Hilfsmittel für Menschen mit Mehrfacheinschränkung dir WIRKLICH helfen!

1. Recherchiere in Eigeninitiative nach Hilfsmitteln

Was für ein Hilfsmittel suchst du? Es gibt eine breite Palette von Produkten. Das können unter anderem Sehhilfen, Hörhilfen, Prothesen oder orthopädische Hilfsmittel sein. Nach meiner Einhandtastatur habe ich damals selbst im Netz recherchiert und mich dann mit einer Mitarbeiterin einer Beratungsstelle, die selbst von einer Seheinschränkung betroffen ist, ausgetauscht. Schließlich habe ich die Tastatur bei der Firma Tipykeyboard in Österreich bestellt. Was bedeutet das für dich als Betroffene? Werde dir klar darüber, was genau du suchst.

2. Probiere Apps und Programme immer aus

Nur durchs Testen findest du heraus, welche Hilfsmittel wirklich zu dir passen.

Hier ein paar Beispiele für dich:

App „Be My Eyes“:

„Be My Eyes“ verbindet blinde/seheingeschränkte Menschen mit Freiwilligen. Dadurch, dass die Freiwilligen den Betroffenen ihre Augen leihen, helfen sie den Benutzern bei verschiedenen Aufgaben.

Zum Beispiel beim:

  • Lesen von Etiketten
  • Zusammenstellen und Identifizieren von Kleidungsstücken
  • Bedienung des Fernsehers
  • Sortieren von Musik oder Büchern

App „Seeing AI“:

Die App „Seeing AI“ kann mithilfe von künstlicher Intelligenz Menschen, Gegenstände und Texte in der näheren Umgebung beschreiben. Sie liefert auch:

Beschreibungen von Fotos auf dem Handy:

  • Gesichtserkennung
  • Einschätzung des Alters und Geschlechts, sowie der gezeigten Emotionen einer Person
  • grobe Beschreibung der unmittelbaren Umgebung
  • Erkennung von Geldscheinen, Farben und handgeschriebenem Text
  • Es besteht eine Audio-Output Funktion.

3. Nimm die Bedienungshilfe von deinem Smartphone in Anspruch

Die Bediengungshilfen erleichtern dir den Umgang mit deinem iPhone.

Zuallererst gehst du auf Einstellungen und dann auf die Option Bedienungshilfe. Dort besteht die Möglichkeit, die Schrift zu vergrößern oder die Sprachausgabe zu verwenden.

Wusstet ihr schon, dass die meisten Smartphones eine Audio-Output-Funktion haben?

Diese Funktion ermöglicht es dir, dich auf dem Smartphonebildschirm zurechtzufinden, ohne ihn sehen zu müssen. Das Gerät sagt dir, über welcher Schaltfläche sich dein Finger befindet.

Auf Android-Geräten heißt diese Funktion TalkBack und auf iOS-Geräten VoiceOver.

Smartphones oder Tablets bieten zahlreiche weitere Bedienhilfen. Dazu verlinke ich Dir hier 2 Videos.

Talk Back als Hilfsmittel für Menschen mit Mehrfacheinschränkung

VoiceOver als Hilfsmittel für Menschen mit Mehrfacheinschränkung

4. Verwende Siri als Sprachassistenz

Bei Siri handelt es sich um einen Sprachassistenten von Apple. Siri wird ausschließlich auf den mobilen Geräten von Apple genutzt, wie z.B. iPhone und iPad. Mir selbst hilft Siri sehr beim Eintragen von Terminen, beim SMS schreiben oder bei Recherchen im Internet.

5. Nutze als Hilfsmittel eine Bildschirmlupe am PC

Das Softwareprogramm Zoom-Text ist mir eine große Hilfe beim Arbeiten am PC. Ich kann den Bildschirminhalt stark vergrößern und mir die Textinhalte vorlesen lassen.

6. Versuche es mit der Einhandtastatur

Durch meine Halbseitenlähmung kann ich nur mit der rechten Hand schreiben. Der linke Arm kommt bestenfalls bei grobmotorischen Aufgaben zum Einsatz. Aber das ist gar kein Thema für mich denn mit der Einhandtastatur “Tipykeyboard” hast du mit einer Hand alles im Griff, egal ob du Rechts- oder Linkshänder bist. (https://tipykeyboard.com)

7. Das eyesmart-Tablet

Dieses Android-Tablet oder Smartphone (https://www.reineckervision.de/produkte/elektronische-brillen-und-mobile-assistenzsysteme/eyesmart/) ist mit einer Software für Menschen mit einer Sehbehinderung ausgestattet. Gut verständliches Menü, große kontrastreiche Texte und klare Sprachrückmeldungen machen die Kommunikation mit eyesmart intuitiv, heißt es von der Firma. Ich will es bald testen.

Das Arbeiten am Laptop mit dem Programm Zoom-Text hat den Nachteil, dass mir durch die starke Vergrößerung die Übersicht fehlt.

Beim eyesmart hingegen ist der Bildschirm kleiner, aber ich habe trotz eingeschränktem Gesichtsfeld alles im Blick. Aus diesem Grund denke ich darüber nach, mir ein eyesmart-Gerät zu kaufen

8. KI (künstliche Intelligenz)

Um mir das Schreiben zu erleichtern, bin ich auf der Suche nach KI-Helfern, die mich bei der Grammatik, bei der Zusammenfassung von Texten unterstützen. Darüber lese ich viel (https://www.computerweekly.com/de/tipp/29-KI-Tools-die-bei-der-Content-Erstellung-unterstuetzen). Allerdings bin ich noch dabei herauszufinden, welche KI wirklich zu mir passt und mir bei meinen Schwierigkeiten am besten hilft. Habt ihr Tipps? Schreibt mir gerne!

9. Nimm wegen Hilfsmitteln Kontakt zu Beratungsstellen auf

Wenn Du Glück hast, können Dir Beratungsstellen auf dem Weg zu den richtigen Hilfsmitteln helfen. Sie haben Erfahrung mit einigen Programmen und Geräten.

Diese Beratungsstellen haben mir persönlich am meisten geholfen:

Am Ende bleibt mir nur eins zu sagen:

Unabhängig davon, welches Hilfsmittel du dir anschaffen willst, informiere dich zuerst, lass dich beraten und teste es, wenn möglich, bevor du das Produkt kaufst oder es dir über deine Krankenkasse bestellst.

Komm aus deiner Bubble, kämpfe für Inklusion!

Inklusion bedeutet für mich, dass sich alle Menschen gegenseitig helfen. Inklusion bedeutet für mich Kommunikation auf Augenhöhe. Und dass keiner ausgegrenzt wird. Inklusion bedeutet für mich Chancengleichheit. Dass jedem die gleichen Möglichkeiten offen stehen, egal ob eine Behinderung vorhanden ist oder nicht. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ein Recht auf Bildung und Arbeit hat.

In einer idealen Welt würden sich Menschen mit Respekt gegenüberstehen. Sie würden Akzeptanz und Offenheit erfahren, egal wie sie sind.

Erst wenn wir aufhören, Menschen in Schubladen zu stecken, kommen wir dieser Idee vom Zusammenleben näher.

Erst wenn wir andere nicht mehr aufgrund ihrer Andersartigkeit kritisieren, können wir voneinander lernen.

Erst wenn wir aufhören, über andere zu urteilen, bevor wir wissen, wie es der Person wirklich geht, fangen wir an, aufeinander zuzugehen.

Doch die Realität ist ein Schlag ins Gesicht. Wir verpassen Menschen Etiketten. Sind Meister darin, zu allem und jedem eine vorgefertigte Meinung zu haben. Wir drücken die Verantwortung, erst einmal tiefer einzusteigen, von uns weg. Mit unangenehmen, anstrengenden, herausfordernden Themen wollen wir nichts zu tun haben.

Wir tricksen uns selbst aus, damit wir uns mit gesellschaftlichen Herausforderungen und unseren eigenen Vorurteilen nicht beschäftigen müssen. Wir bleiben in unserer Bubble: Mit Menschen, die uns in unserem eigenen Alltag nie begegnen, beschäftigen wir uns einfach nicht.

Ich wünsche mir, dass wir es schaffen, uns gegenseitig zuzuhören, gesellschaftliche Veränderung anstreben, dass wir zusammenwachsen und am Ende alle gleich behandeln.

Wenn Menschen nicht die ganze Zeit mit sich selbst beschäftigt wären und einen Blick über den Tellerrand werfen würden, dann müssten Minderheiten nicht so kämpfen, um gehört zu werden.

 

Tauchen bis zum Grund

Würde gerne tauchen bis zum Grund.

Auf der Suche nach meinem Warum verlor ich mich selbst.

Ein Hoffnungsfunke scheint am Nachthimmel. Ziellos laufe ich durch die Straßen.

Die Gedanken so laut.

Ich ertrage es kaum.

Ist denn niemand da, der mein Herz versteht?

Selbst wenn ich es nicht zeig, zerreißt es mich. Es schmerzt in meiner Brust.

Es schleicht sich der Gedanke ein „Ich schaffe das nicht mehr“.

Ist da denn niemand, der mit mir den Weg gemeinsam bestreitet?

Der Speicher ist leer.

Auf dem Weg liegen immens große Steine.

Ist denn niemand da, der an mich glaubt und der mir die Düsternis aus meinem Herzen verbannt?

Die Welt ist laut und mein Herz ganz kalt. Liebend gern würde ich glauben, dass hinter jeder neuen Tür die Sonne wieder scheint.

Doch nicht für mich. Türen bleiben verschlossen und versperren den Weg nach draußen.

Im Kummer ertrunken frage ich mich: Ist denn niemand da, der mich sicher nach Hause bringt?