Etliche Ehrenamtliche sind mir in mein Leben in den letzten 5 Jahren eine Stütze gewesen. Die einen mehr, die anderen weniger. Besonders Rina, die mich 3 Jahre lang begleitete, meine Entwicklung miterlebte und mich tatkräftig unterstützte.
Seit 5 Jahren werden die Ehrenamtlichen von meinen Eltern finanziert. Sie helfen mir bei vielen Sachen, zum Beispiel im Haushalt, bei Erledigungen, begleiten mich zum Sport oder in der Freizeit. Für diese Dienstleistungen zahlen meine Eltern monatlich mehrere Hundert Euro.
Zu Beginn des Jahres 2017 fing es mit den Ehrenamtlichen an, damals ging es nur um Freizeitbeschäftigung. Endlich raus und etwas zu unternehmen. Nichtsdestotrotz machte ich in dieser Phase die Erfahrung, dass es immer noch Schwachpunkte in meinem Alltag gab. Nichts war in Ordnung.
Die Werkstatt schlauchte, und die Wäsche blieb liegen. Alles habe ich mit der rechten Hand bewerkstelligt. Der Wäschekorb kam auf den Servierwagen, die Kleidung in den Korb und dann fuhr ich mit dem Fahrstuhl hinab in den Waschraum. Um die Angaben auf dem Display an der Maschine lesen zu können, trat ich so dicht an die Maschine, dass meine Augen beinahe rausflogen und meine Nase ganz plattgedrückt wurde. Beim Versuch, den Wäscheständer aufzustellen, knallte er erst ein paar Mal auf den Boden, bevor es endlich klappte. Schlussendlich schaffte ich es, die Kleidung aufzuhängen und später zerknüllt in den Kleiderschrank zu legen. Schön ist anders!
Mir im Wohnheim, wenn ich neuen Sprudel brauchte, die einzelnen Flaschen zu holen, statt dass mir jemand einen neuen Kasten tragen half, gab mir den Rest. Als ich im Oktober 2019 aus einem Wohnheimzimmer in ein Apartment innerhalb des Wohnheims gezogen bin, waren die Ehrenamtlichen die Rettung für mich.
In dieser Etappe meines Lebens wurde ich auf die vegane Ernährung aufmerksam und fing an, Sport zu machen. Durch Rina lernte ich Dietrich kennen, der ab sofort mit mir Schwimmen und Laufen gehen und das Kochen übernehmen sollte. Zwei mal die Woche brach ich ins Hallenbad zum Schwimmen auf, erkundete regelmäßig die Natur, kochte ausgiebig und genoss die Auslastung meines Körpers nach dem Sport. Wenngleich beim Kochen einiges nicht ganz rund verlief, bereitete es mir Freude.
Die Herausforderung dabei war: Um das Gemüse zu schnippeln, muss ich mich nah ans Messer beugen, um möglichst gut zu sehen. Ich sitze mit gebückter Körperhaltung da. Der Ablauf bereitete mir furchtbare Rückenschmerzen, wodurch das Kochen auf Dauer nicht mehr so berauschend war. Dietrich verbrachte die Zeit abgesehen vom Gemüseschneiden hauptsächlich am Herd. Dietrich kochte profihaft im Vergleich zu seinen Nachfolgern, die mir begegnet sind.
Sobald ich in der Küche allein am Werk war, sah das ganze komplett anders aus! Verbranntes Essen auf dem Herd, brodelndes Wasser, das überkochte. Auch der Feuermelder war häufig im Einsatz. Eine Reihe von Töpfen und Pfannen im Auge zu behalten , verlangte mir einiges ab. Erst wenn alles schon zu spät war, bemerkte ich, dass das Wasser überkochte. Es spritzte von allen Seiten.
Mit Ach und Krach konnte ich mit der rechten Hand den Topf vom Herd ziehen. Doch der Schock stand mir ins Gesicht geschrieben. Auch wenn mich die Lust auf Pfannkuchen packte, brannte bereits beim zweiten Durchgang der Teig an. Der Feueralarm läutete, und alle Bewohner durften erstmal das Gebäude verlassen.
In meinem Team der Ehrenamtlichen kommt es natürlich immer mal wieder zu einem Wechsel infolge eines stressigen Studiums, eines Umzugs oder sonstiger geänderter Lebensumstände.
Durch Corona ist es viel schwieriger geworden, an neue Leute zu kommen. Währenddessen kassiert das Wohnheim weiterhin für mein Zimmer eine hohe Summe, und die Mitarbeiter machen das für mich, was sie am besten können, nämlich NICHTS.
Seit 2016 wohne ich in dem Wohnheim. Durch die Ehrenamtlichen geht es mir zwar psychisch etwas besser als in der Zeit, als ich noch selbstverletzendes Verhalten (SVV) an den Tag gelegt habe. Dennoch bekomme ich hin und wieder das Heulen. Viele Leute wünschen sich, mal nichts zu tun zu haben, ich wünsche mir nichts sehnlicher als zu arbeiten, mich auszuleben und zwar nach meinen Vorstellungen. Meine Nerven liegen öfters blank, wenn Ehrenamtliche plötzlich ausfallen, weil sei krank sind, auf der Arbeit für Kollegen einspringen oder sich auf eine Prüfung im Studium vorbereiten müssen. Wenn zum Beispiel ein Termin zum gemeinsamen Kochen geplatzt ist, kann es auch passieren, dass nichts zum Essen für mich da ist.
Schließlich läuft die Beauftragung noch nicht über das persönliche Budget (dazu berichte ich in einem nächsten Blogeintrag mehr) und nicht jede/r freiwillige Helfer/in ist gleich engagiert. Es gehört auch ein Quäntchen Glück dazu, die richtigen Leute zu finden.
Jetzt im Jahr 2022 besteht das Team aus sieben Leuten. Unterstützung erhalte ich bei Alltags- und Freizeitgestaltung und im Bereich Management. Ich mache mit einer Ehrenamtlichen den Dienstplan für den ganzen Monat, bestelle meine Lebensmittel mit ihr in einem Supermarkt, erledige Behördenangelegenheiten mit ihr und erhalte Unterstützung bei der Wohnungssuche – also Hilfe im ganz normalen Wahnsinn des Alltags.
Vier Leute vom Team unterstützen mich im Haushalt (vor allem beim Kochen) und begleiten mich in der Freizeit.
Die letzten beiden sind aktiv beim Sport dabei, was Schwimmen und Wandern betrifft, sowie bei der Gestaltung meines Blogs.
Das alles so zu organisieren, war nicht einfach. Aber sehr wichtig für mich. Aufgeben kommt für mich nicht infrage. Ende 2021/Anfang 2022 bin ich auf der Suche nach einem neuen zu Hause. Das könnte ein inklusives Wohnprojekt oder eine stinknormalen WG sein. Am liebsten in einer Großstadt.
Sollte ich dieses Ziel bis Anfang 2023 nicht erreicht haben, werden mir die Gelder gestrichten – und ob ich will oder nicht, ginge es dann zurück nach Hause zu Mami und Dady. Mit 32 ist das alles andere als ne geile Sache! Das wäre für mich der absolute Super-GAU.
Mit viel Glück komme ich endlich aus dem Wohnheim raus – und parallel werde ich eine Schulung beginnen. Die mich hoffentlich auch beruflich voran bringt.