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Kreativ ohne Ende: Vorhang auf für SDP

Ich erlebte einen Andrang von Menschen, wie ich ihn noch auf keinem SDP Konzert erlebt habe, als ich in der Schleyerhalle in Stuttgart ankam. Elena ging voran, führte mich durch die gigantische Menschenmasse, und als wir einen der Mitarbeiter ansprachen, fanden auch wir unsere Plätze.

Irritiert blickte ich nach vorne und fragte mich, wo denn die Bühne ist. Elena zeigte mit dem Finger nach links. Sie berichtete mir von einem schwarzen Vorhang, beschriftet mit den Tourdaten 2023. Vor dem geschlossenen Vorhang stand ein Mischpult. Dann ging es endlich los. GReeeN, so hieß der Künstler, der den Fans vor dem eigentlichen Akt so richtig einheizte.

Kennt ihr den Rapper GReeeN?
Dann her mit mehr Infos!

Während Elena mir das Geschehen unten auf der Bühne schilderte, flackerten drei große Kreise auf dem Vorhang herum. Natürlich nahm ich auch die Bühne und das Mischpult wahr, den Künstler allerdings nur schemenhaft. Doch das ist alles kein Problem mit der richtigen Begleitperson an meiner Seite.

Wie würdet ihr einer seheingeschränkten Person ein Konzert beschreiben?

Probiert’s mal aus und beschreibt eurer Freundin/Kumpel, während er/sie die Augen geschlossen hat, was es zu sehen gibt. Und erzählt mir dann, wie es für Euch war.

Schließlich hob sich der Vorhang und die Fans kriegten sich vor Freude nicht mehr ein. SDP verbreitete eine Wahnsinns-Partystimmung wie schon lange nicht mehr.

Die Bühne voller Nebel, grelles Scheinwerferlicht, emporsteigende Flammen und fliegende Funken wie ein gewaltiges Feuerwerk.

Elena erzählte mir, wie Vincent und Dag sich bewegten. Mal stand Vincent ganz vorne an der Bühne, Dag lief auf der Bühne hin und her, klatschte wie wild und tanzte mit vollem Körpereinsatz.

Die Männer waren richtig kreativ. Sie bauten zum Beispiel einen angeblichen Stromausfall ein: Das Licht ging aus, Vincent spielte nur noch auf dem Klavier, Dag sang im sanften Licht die Ballade „Ein gutes schlechtes Vorbild“.
Das Lied „Ich hab kein Bock“ fand auf einer kleineren Bühne statt. Darauf wies mich Elena hin, als ich immer noch auf die Hauptbühne blickte. Ohne den Hinweis hätte ich echt den nächsten Song verpasst. Aber was heißt schon verpasst, das meiste läuft bei mir so oder so über die Ohren. Dennoch tragen die Beschreibungen und Hinweise dazu bei, dass ein Bild in meinem Kopf entsteht oder ein kleiner Film, in dem Elena Regie führt und Vincent und Dag die Hauptrollen spielen.

Die Konzerthalle bebte buchstäblich, bunte Lichter und Techno-Musik gaben dem Song „Ich hab kein Bock“ den richtigen Feinschliff. Auf Vincents Aufforderung sangen alle Fans im Chor mit.

Leute, es kam noch so viel mehr.

GReeeN war gemeinsam mit SDP auf der Bühne. Vincent übernimmt zwar die Führung, gibt den anderen Künstlern aber dennoch Raum zum Strahlen.

Sie haben sich für fast jeden Song was Besonderes einfallen lassen. Vincent und Dag zogen sich bei dem Song „Ne Leiche“ leichte weiße Jacken mit Blutflecken an.

Bei einem anderen Song saß Dag mit seiner Gitarre plötzlich mitten im Publikum in einem Schlauchboot. Das Ganze kann man sich wie ein Podest vorstellen.

Die Songs live zu hören, ist natürlich immer toll. Aber dieses Mal haben mich die beiden mit ihren kreativen Ideen, dem Bühnenspektakel und den Überraschungen in ihrer Show am meisten umgehauen.

Fazit:
Das ist erstmal mein letztes SDP-Konzert gewesen, weil ich die beiden jetzt schon so oft live gehört habe. Um ehrlich zu sein: Gesehen habe ich sie auf den riesigen Bühnen nur schemenhaft. Ich hör ich die Mucke jetzt schon seit 11 Jahren und bin immer noch begeistert.

Wer noch nie live dabei war, sollte sich die Show unbedingt mal anschauen. Der Kauf der Konzertkarten lohnt sich immer wieder.

Vier Tage Rock und Pommes – wie ich Rock am Ring 2023 überlebt habe

75.000 Menschen versammelten sich dieses Jahr auf dem Festival Rock am Ring, und ich mischte natürlich mit. Der enorme Menschenandrang beeindruckte mich mal wieder. Vermutlich, weil mein letzter Festivalbesuch vor Corona lag und somit verdammt lang her war. Nachdem ich schon auf dem Zwillingsfestival Rock im Park gewesen war, wollte ich dieses Jahr unbedingt einen Vergleich starten und entschloss mich für das Festival Rock am Ring.
Die Kirsche auf der Sahnetorte war das Bomben-Wetter, mit dem das Festival an den Start ging. Insofern: Setzt eure Sonnenbrille auf, vergesst die Sonnencreme nicht und kommt mit.

Einmal falsch abgebogen:
Unterwegs auf der Schnellstraße rückten mein Assistent Conny und ich dem Festival immer näher. Das einzige, was uns sprichwörtlich im Weg stand, war die Straßenbeschilderung zum General Camping. Erst nachdem Conny und ich einmal falsch abgebogen waren und uns durchgefragt hatten, sind wir nach langem Hin- und Herfahren endlich am Bereich für Menschen mit Assistenzbedarf angekommen.

Wir parkten Connys Kleinbus direkt an unserem Zeltplatz. Conny half mir beim Aussteigen. Er stellte einen Klappstuhl auf und führte mich dorthin. Darüber war ich froh, so uneben wie der Boden war. Alleine wäre ich über meine eigenen Füßen gestolpert. Gleich darauf machte sich Conny daran, das Zelt aufzubauen. Zum Glück hatten wir super-hilfsbereite Zeltnachbarn, die uns ihren Hammer borgten.

Bevor es weitergeht, hier 15 Dinge, die bei meiner Festivalausstattung nicht fehlen dürfen:
1. Mein Zelt mit zwei Schlafkabinen
2. Medikamente
3. Augentropfen für den Tag/Augensalbe für die Nacht
4. Rollstuhl (falls mir das lange Stehen bei Konzerten zu anstrengend wird und ich eine Pause benötige)
5. zwei Klappstühle
6. Klapptisch
7. ein Feldbett (vom Boden kann ich nur sehr schwer aufstehen)
8. eine 10 cm dicke, sich selbst aufblasende Matte (Vermeidung von Rückenschmerzen)
9. Sonnenbrille
10. Sonnencreme
11. Sonnenhut
12. vegane Snacks (selbstgemachte Pizzaschnecken, Apfel-Bananen-Muffins)
13. Kocher
14. Powerbank zum Handyaufladen
15. Assistenz, denn ohne die läuft gar nix

Abgesehen von den Unebenheiten war der Zeltplatz optimal. Der Campingbereich lag ganz in der Nähe des Haupteingangs. Und gleich neben rollstuhlgerechten Toiletten mit Dusche.

Was mir geholfen hat: Ich war zum ersten Mal mit neuen Schuhen aus dem Sanitätshaus auf einem Festival unterwegs, die durch ihre festere Sohle und spezielle Form für ein besseres Gleichgewicht sorgten (https://www.darco.de/yda-komfortschuhe-urban-line.html). Ich konnte länger auf einer Stelle stehen und war sicherer beim Gehen.

Damit es zum ersten Mal aufs Festivalgelände gehen konnte, brauchte ich Conny an meiner Seite. Doch was ist eigentlich sein Job als meine Assistenz? An dieser Stelle mal eine Liste zur Übersicht.

Conny im Einsatz:
1. Zelt aufbauen
2. Schlafbereich einrichten, das heißt Feldbett reinstellen, aufblasbare Matte für die Nacht vorbereiten, Schlafsack reinlegen sowie mein Gepäck verstauen
3. Medikamente, Augentropfen/Salbe reichen
4. Klappstuhl und Klapptisch aufstellen
5. Essen besorgen und eventuell vorbereiten
6. Bei mitgebrachten Snacks Plastikverpackungen und Tupperdosen öffnen
7. Mich über den Zeltplatz und das Festivalgelände führen
8. Auf Unebenheiten und Hindernisse aufmerksam machen

Ich könnte die Liste noch endlos weiterführen.

Auf dem Festivalgelände herrschte eine Wahnsinns-Stimmung und manche Leute trugen echt schräge Outfits. Essen und Getränke wurden mit dem Wristband bezahlt. Dieses Band hat einen Chip, der an einem Automaten mit Guthaben aufgeladen werden kann. Es gab zwar echt viele Stände, aber zu meiner Enttäuschung nichts Veganes. Also blieben nur noch die Pommes. Zum Glück warteten auf dem Zeltplatz meine veganen Pizzaschnecken und meine heißgeliebten Bananen-Apfel-Muffins. Insofern mein Rat an alle Veganer da draußen: Bereitet euch daheim ein paar Snacks vor.

Bei unseren Touren über das Gelände erwies sich Conny als sehr aufmerksam: Jedesmal wenn sich Unebenheiten auftaten oder sich der Untergrund veränderte, zum Beispiel von Kies auf Wiese, ein Hindernis kam oder ein großer Schritt nötig war, kündigte Conny mir dies an oder begann an zu zählen: “1, 2, 3 jetzt…”

Auf dem Festival gibt es insgesamt drei Bühnen, die Mandora Stage, die Orbit Stage und die Utopia Stage. Die Utopia Stage ist für Menschen mit Assistenzbedarf gedacht. Die anderen beiden Bühnen nicht. Das empfand ich aber als überhaupt nicht schlimm, da es echt angenehm war, auf der Wiese zu chillen und einfach aus der Ferne der Musik zu lauschen, die auch auf den anderen beiden Bühnen gespielt wurde.

Die meisten Bands, die uns interessierten, spielten so oder so auf der Utopia Stage. Foo Fighters, Rise against, Provinz, KIZ, oder Kings of Leon.

Rock, Rap oder Elektro – bei Rock am Ring ist alles zu finden. Hier findet ihr das Line-up:
https://rockamring.eifelvista.com/line-up/

Die Utopia Stage war Hammer. Ein Riesen-Fahrstuhl führte zu einer Terrasse, es gab dort Toiletten und – wichtig für mich – Pommes!

Was mich am meisten beeindruckt hat, war die Riesen-Leinwand, die relativ mittig im Publikum stand. Natürlich gibt es bei allen Festivals rechts und links von der Bühne einen Bildschirm, so war das zum Beispiel bei Rock im Park oder dem Southside-Festival. Der dritte Bildschirm hatte aber definitiv einen positiven Effekt für mich. Ich konnte viel näher davorstehen, und da er mittig war, hatte ich einen direkten Blick darauf

Mein Fazit:
Abgesehen davon, dass es für Veganer nur Pommes gab, habe ich mich als Person mit Seheinschränkung über diese Hammer-Leinwand gefreut. Sie ermöglichte mir auch visuell ein besonderes Konzerterlebnis. Denn normalerweise sehe ich von dem Spektakel auf der Bühne nur einen Bruchteil. Das war diesmal ganz anders – und für mich deshalb wirklich besonders.

Franzi auf dem Rock am Ring.

Der Mann hinter dem Vorhang: Max Giesinger gibt unbeschreibliches Konzert in Stuttgart

Das Publikum zückte die Handys, funkelnde Lichter strahlten von Tausenden Displays auf die Bühne. Hinter einem Vorhang erschienen Schatten, deren Konturen schwer zu erahnen waren. Nur ganz links war deutlich der Gitarrist zu erkennen.

Die Umrisse wurden immer deutlicher, und schließlich betrat Max Giesinger die Bühne.

Die Menschenmenge klatschte, jubelte, und Max Giesinger sang seinen erste Song an diesem Abend. Elena, meine Begleiterin, die neben mir saß, beschrieb mir das Geschehen auf der Bühne und das ganze Drumherum so genau wie möglich. Sei es ein plötzlicher Bühnenwechsel von der großen auf eine kleinere Bühne Mitten im Publikum, oder dass der Künstler durchs Publikum lief. Er hatte einen Beutel dabei, aus dem er Zuschauer kleine Zettel mit unterschiedlichen Songtiteln ziehen ließ. Kurz darauf präsentierte er diese Songs dann auf der Bühne. Eine originelle Idee. Und ich hatte mich schon gewundert, warum Max Giesinger fremde Songs spielt.

Erst als Elena mir davon berichtete, ging mir ein Licht auf und ich verstand, warum. Den Gesang, die Freudenschreie der Menschen, das hörte ich. Das Lichterspiel auf der Bühne konnte ich bis zu einem  gewissen Grad recht gut erkennen. Im Verlauf des Events verließ ich mich aber irgendwann vollkommen auf Elena. Ich bemühte mich erst gar nicht, die visuellen Eindrücke aufzunehmen, sondern versuchte, mich auf das zu fokussieren, was ich hörte. Alles andere hatte gar keinen Zweck.

Ich nahm die schwungvolle, gute Stimmung in der großen Halle (Porsche Arena) wahr und das Leuchten der Handydisplays, was für mich aussah wie kleine, helle, leuchtende Punkte. Max Giesinger plauderte immer mal wieder aus den Nähkästchen und unterhielt sich mit dem Publikum. Dadurch entstand eine gewisse Vertrautheit, als ob man sich mit einem guten Freund gemütlich im Wohnzimmer unterhalten würde. Genau das machte das Konzert für mich so besonders.

Wer von euch war selbst schon auf einem Konzert von Max Giesinger?

Wie nehmt ihr ein Konzert wahr?

Was macht für euch ein Konzert besonders?

Für mich ist die Beschreibung meiner Begleitung ausgesprochen wichtig. Hören kann ich alles selbst, aber Mit der Beschreibung erschuf Elena ein Bild voller Farben in meinem Kopf. Zur Unterstützung fotografierte und filmte Elena immer mal wieder kurze Sequenzen des Konzertes. Das hatte den Vorteil, dass ich die Bilder sowie Videos zu Hause noch mal ranzoomen und genau anschauen konnte. Wie trug Max seine Haare, was hatte er an? Sogar seine Mimik konnte ich so erkennen.
Elena machte das Konzert zu einem wunderschönen Ereignis. Dazu möchte ich erwähnen, dass dies das erste gemeinsame Event mit Elena war und sie erst kurz als Assistenz für mich im Einsatz ist.

Alles in allem ein sehr gelungener Abend und ein Konzert, das ich sicher nicht so schnell vergessen werde.

Bio-Café Blütezeit: ein Ort der Entspannung für den perfekten Start in den Tag

Das Café Blütezeit (Laurenzerberg 1 11-15, 1010 Wien) entführt einen für einen kurzen Augenblick in den Sommerurlaub, wo man sich von veganen sowie vegetarischen Speisen verzaubern lassen kann. Wer eine Auszeit vom Alltag wünscht, ist hier bestens aufgehoben.

Räumlichkeiten:
Den Innenraum kann ich nicht bewerten, weil wir bei sonnigem Wetter im Freien Platz genommen haben.
Trotz der dicht gedrängten Tische und Stühle setzte ich mich gekonnt hin – als ob ich nichts anderes machen würde. Ich war schon ein paar Tage in Wien unterwegs, und mit der Zeit sind solche Situationen nichts ungewöhnliches mehr: Ich platzierte mein linkes Bein mit der Schiene nochmals richtig unter den Tisch – und dann konnte es losgehen.

Bestellprozess:
In der Menükarte finden sich zum Beispiel viele verschiedene Bowl-Varianten, Porridge und unterschiedliche Arten von Tostadas. Mein Wahl fiel gleich auf zwei Frühstücksvarianten. Veganen Acai Bowl mit Banane, Heidelbeeren, Chia, Kokosflocken und einem Hauch Balsamico. Und: Vegane „Matcha Banana“ mit einer Basis aus Maisgrieß und Hafer, Heidelbeeren, Granola und gerösteten Mandeln. Matthis nahm den „Kleinen Wiener“ mit Rührei aus zwei Eiern, Brot und Butter. Außerdem aß er eine Frühstücks Bowl. Wir waren mit unserer Auswahl mehr als zufrieden.

Geschmack:
Aromatisch, süß und so lecker dass man sich gleich einen zweiten Nachschlag bestellt.

Preis-Leistungs-Verhältnis:
Wer ein kleines und günstiges Frühstück will, wird hier fündig. Und wer mit großem Hunger kommt, kann sich gleich mehrere Speisen von der Karte aussuchen – dann ist der Frühstückstisch üppig gedeckt. Ein Lob für diese flexible Art, sich sein Frühstück je nach Preisvorstellungen und Hunger selbst zusammenzustellen.

Fazit:
Schade, dass wir das Café erst am letzten Tag unserer Wienreise besucht haben. Sonst wäre ich jeden Tag zum Frühstück dorthin gegangen, um die komplette Menükarte durchzuprobieren. Die Gerichte sind jeden Cent wert.

Café Blütezeit bei Instagram

Mit Seheinschränkung leben: Diese Hilfe brauche ich im Alltag

Ich lebe seit 2012 mit einer Seheinschränkung, einem sogenannten Nystagmus. Ich habe euch schon erklärt, was das ist, wie mein Sehen dadurch eingeschränkt ist und wie ich mich seit der  Seheinschränkung in meiner Wohnung organisiere. Bei vielem, was ich machen möchte, benötige ich Hilfe – vor allem, wenn ich unterwegs sein will. Was ist also die Aufgabe der Person, die mich im Alltag und auf Tour begleitet? Hier einige Tipps, die für Euch im Umgang mit seheingeschränkten Menschen vielleicht auch hilfreich sein können. Wobei es am besten ist, immer zu fragen, welche Hilfe auch erwünscht ist.

Sei es beim Arztbesuch, auf Reisen, beim Museumsbesuch oder auf größeren Veranstaltungen – es sollte der Begleitperson bewusst sein: Mich zu begleiten, ist mit Arbeit und Verantwortung verbunden, auch wenn es sich um Freizeitaktivitäten handelt.

Immer, wenn es rausgeht, bin ich auf Teamwork angewiesen:

Unterwegs mit Bus und Bahn:

Wenn ich unterwegs bin, verlangt meine Seheinschränkung den Assistenten einiges ab – aber selbst wenn mal was nicht so läuft, wie es soll, versuche ich es mit Humor zu nehmen. Vor allem Bus und Bahn werden für mich zur Wackelpartie. Meine Begleitung muss für mich nach einem Platz Ausschau halten und mir sagen wo ich mich festhalten kann. Bei diesem Tehma muss ich an eine Bahnfahrt auf der Reise nach Wien denken. Oft muss es schnell gehen, die Bahn war in diesem Fall nicht so nett, zu warten bis ich mich hingesetzt habe – ich bin ruckartig in den Sitz gefallen. Einmal bin ich sogar beinahe auf die Person gestürzt, die mir gegenüber saß. So oft wie dort in den öffentlichen Verkehrsmitteln hatte ich schon lange nicht mehr den Halt verloren.

Unterwegs mit dem Auto:

Wenn ich mit Assistenten im Auto unterwegs bin, dann ist das für mich komfortabler. Aber auch hier ein Beispiel, wo trotzdem Probleme entstehen können. Wir sind auf dem Weg zu einem Treffen, Termin oder zu einer Veranstaltung. Wenn ich schon ausgestiegen bin und die Begleitperson bemerkt, dass sie noch einen Parkschein lösen muss, dann sollte sie mir das mitteilen, bevor sie geht. Und sie sollte dafür sorgen, dass ich mich entweder setzen oder irgendwo so lange festhalten kann bis sie wieder kommt.

Unterwegs zu Fuß:

Wenn wir zu Fuß unterwegs sind, ist Kommunikation elementar. Denn ich kann es nicht ausstehen, wenn aus heiterem Himmel an mir gezogen wird. Ich muss und möchte erst einmal wissen, was los ist. Sagt mir zum Beispiel, dass ein Auto entgegenkommt, das ich nicht sehe. Oder sagt mir, dass wir abbiegen müssen. Oder dass ihr mir etwas zeigen möchtet. Ihr habt einen Mund zum Reden, also benutzt ihn auch. Kommt nicht mit solchen vagen Aussagen wie „Da kommt ein Auto“, „Hier lang“, „Da hin“ oder – noch schlimmer – mit Schweigen. Wichtig ist, dass ihr die Umgebung für mich genau betrachtet und mögliche Stolperfallen für mich erkennt. Das könnte sein: ein nicht rangerückter Stuhl, eine Teppichkante, Stufen, der Bordstein oder ein sonstiger Absatz, Wurzeln oder Steine auf dem Weg.

Aber es gibt noch viel mehr Punkte in meinem Alltag, an denen ich Hilfe brauche. Und Verhaltensweisen, auf die ich besonders viel Wert lege:

Beschreibung meines Umfeldes bei Gefahr:

Wenn ihr mich warnen wollt, dann reicht es nicht „Vorsicht, pass auf“ zu sagen. Wenn ich so was höre komme sogar ziemlich schnell ins Schwanken, weil ich verunsichert bin. Die Angaben sollten möglichst präzise sein. „Vor dir kommt eine Stufe“, „Links von dir möchte eine Person vorbei“, „Direkt hinter dir steht ein Einkaufswagen“ – damit kann ich was anfangen. Und immer gilt: Beschreibe mir, was Du siehst.

Beschreibung eines Weges:

Die Seheinschränkung brachte mir die erschreckende Erkenntnis, dass die Sehenden richtig mies darin sind, Wege so zu beschreiben, damit ich was damit anfangen kann. Bei Wegbeschreibungen ist es wichtig für einen Seheingeschränkten, zu wissen, dass er oder sie auf dem richtigen Weg ist. Makante Anhaltspunkte sind dabei sehr hilfreich. Das kann eine Baustelle, ein Dornenbusch, eine Kirche oder ein Geschäft sein.

Beschreibung von sehenswerten Besonderheiten:

Sehenswürdigkeiten oder Kunst im Museum zu beschreiben ist noch einmal schwieriger. Aber versucht es. Ihr schenkt der seheingeschränkten Person einen großen Mehrwert damit. Der Besuch in einem Museum oder eine Reise gewinnt an Qualität und ihr selbst lernt noch etwas dazu. Ohne genaue Beschreibungen sind Museumsbesuche oder Fahrten zu Sehenswürdigkeiten aus meiner Sicht sonst reine Zeitverschwendung für mich.

Unterstützung bei schriftlicher Kommunikation:

Zu meinen Alltag gehört wie bei jedem anderen Menschen schriftliche Kommunikation. Wer mich kontaktieren möchte, sollte das am besten über WhatsApp oder per Mail tun. Dort habe ich die Möglichkeit, den Text zu vergrößern. Für weiterleitete Dokumenten per Mail sind PDF-Dateien für mich am praktischsten. Falls nur ein Blatt Papier in greifbarer Nähe ist, um schriftlich etwas festzuhalten, dann am besten groß, in Druckschrift und mit einen dicken Filzstift schreiben.

Orientierungshilfe bei Veranstaltungen:

Meine Assistenz teilt mir mit, wenn ihr den Raum betretet oder das Gespräch verlässt. Fragt mich, wo ich sitzen möchte, beschreibt mir den Raum und die möglichen Sitzplätze.

Gibt es noch weiter Punkte?

Die Assistenz ist also so gut wie immer meine Begleitung. Aber trotzdem möchte ich selbst wahrgenommen werden. Fangt nicht an, Fragen an die Assistenz zu stellen, die eigentlich an die Person mit Behinderung gerichtet sind. Das empfinde ich als dermaßen respektlos. Es gibt mir das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Es ist, als ob ich nicht existieren würde. Gleichzeitig solltet ihr der Assistenz Wertschätzung entgegenbringen.