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Meine Gehirnblutung

Ich habe euch bereits reichlich über meine Seheinschränkung berichtet. Die Auswirkungen im Alltag oder wenn ich unterwegs bin. Doch nun erzähle ich euch von meiner Gehirnblutung. Der Auslöser, der alles veränderte, mir mein altes Leben nahm und mir ein neues Leben schenkte.

Kapitel 1: Was sind Kavernome?

Wie jeden Morgen saß ich gemeinsam mit meiner Familie am Tisch um zu frühstücken. Damals war ich 8 Jahre alt. Absolut unerwartet begann mein Mundwinkel zu zucken. Meine Eltern machten sich Sorgen und fuhren ziemlich aufgebracht  mit mir ins Katharinenhospital in Stuttgart. Bei einem MRT wurde dann herausgefunden, dass sich mehrere Kavernome in meinem Gehirn befinden.  Eines der Kavernome blutete, was  das Zucken des Mundwinkels verursacht hatte.

Letzten Endes verbrachte ich nach meiner ersten Gehirnblutung 3-4 Wochen im Krankenhaus. Anschließend ging der ganz normal Schulalltag  weiter. Zu diesem Zeitpunkt war ich in der dritten oder vierten Klasse. Wenn ich ehrlich bin, erinnere ich mich kaum noch an Einzelheiten. Damals habe ich die Diagnose und das Ganze drumherum noch nicht so realisiert wie jetzt im Erwachsenenalter. Was Kavernome sind und was sie für Risiken  mit sich bringen, ist mir erst im Teenager-Alter klar geworden.

Kavernome sind Blutgefäßmissbildungen aus dünnwandigen, venösen Hohlräumen (Kavernen). Die Größe von Kavernomen kann von wenigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern variieren.

Bei einer Einblutung im Hirnstamm so wie bei mir, müssen Risko und Nutzen einer Operation besonders sorgfältig abgewogen werden.  In meinem Fall führte kein Weg an der Operation vorbei.

Aus diesem  Grund war die präzise Planung von entscheidender Bedeutung.

Die Symptome können sehr vielfältig sein. Viele Kavernome werden  durch Krampfanfälle symptomatisch. Neurologische  Defizite wie z. B. Lähmungen, Sensibilitäts-, Sprach-, Gleichgewichts- oder Sehstörungen können ebenso auftreten.

Wenn Kavernome stärker bluten, werden auch akute Kopfschmerzen beklagt.

Im November  2012, ich war damals 22 Jahre alt, stand meine OP an. Diese war notwendig, um den Druck von meinem Hirn zu nehmen, der für das Schwindelgefühl und die  Schmerzen verantwortlich war. Es gab keine andere Möglichkeit. Soweit ich mich erinnern kann, gab es gab es nicht dieses eine aufklärende Gespräch mit meinen Eltern über meinen Gesundheitszustand. Durch viele Gespräche mit meinen Eltern und den längeren Aufenthalt im Krankenhaus sowie die regelmäßigen Kontrolltermine – sprich MRT und Neurologie – kam die Aufklärung von selber. Je älter ich wurde, umso mehr Klarheit bekam ich. Die Diagnose Kavernome war zu Anfang ein Schock für mich, und die Vorstellung, dass die Kavernome mich mein Leben lang begleiten werden, auch.

Ich hatte ab sofort den Gedanken im Hinterkopf, dass jederzeit eine neue Blutung eintreten kann. Dieser Gedanke  jagt mir heute noch hin und wieder Angst ein. Die Kavernome sind so was wie eine tickende Zeitbombe, die jederzeit hochgehen kann. Im Alltag denke ich so gut wie nie darüber nach. Wenn ich an meine Zukunftspläne denke oder meine Kontrolltermine habe, wird mir das Ganze erst wieder richtig bewusst und es braucht ein paar Tage, bis das Gefühl der inneren Angst wieder vergeht.

Mein Leben von den diagnostizierten Kavernomen kontrollieren zu lassen, macht für mich keinen Sinn. All das hindert mich nicht daran, an meinen Zielen und Träume festzuhalten. Ich gehe seither mit dem Thema Gesundheit vollkommen anders um. Ich ernähre mich vegan und rauche nicht und trinke keinen Alkohol. Gerade Alkohol würde das Risiko für  eine neue Gehirnblutung erhöhen, und da mein Hirn eh schon ’nen Schaden hat, lass ich es lieber ganz bleiben. Vor allem kann ich seit meiner Gehirnblutung nicht nachvollziehen, wie manche Leute mit ihrer Gesundheit und ihrem Körper umgehen.

Kapitel 2: Die dritte Gehirnblutung

Ich befand mich gerade im Probehalbjahr meiner Fachhochschulreife, als die Schwindelgefühle sich bei mir bemerkbar machten. Durch meine vorherigen OPs, die ich mit 8 Jahren und einmal im Alter zwischen 11 und 12 hatte, ahnte ich es schon.  Also ging es ins Katharinenhospital in Stuttgart. Die Ärzte dort kannten mich bereits, und nach einem Kernspin, auch MRT genannt, war die Ursache klar. Der Arzt verkündete mir, dass eine Hirnblutung im Stammhirn vorliegt.

Doch was genau bedeutet das jetzt?

Bei einer Hirnblutung sammelt sich Blut im Kopf an, und je mehr Blut, desto größer der Hirndruck, da sich der knöcherne Schädel nicht ausdehnen kann. Durch den Druck wird das Gehirn gequetscht und feine Gefäße werden abgedrückt.

Zu Beginn wurde also eine medikamentöse Behandlung versucht. Ziel war es, die Schwellung zu reduzieren, damit der Hirndruck nachlässt. Zwei Stunden später saß ich mit meiner Mutter am Esstisch und bekam erstmal richtig das Heulen. In dem Moment fiel die komplette Anspannung von mir, und ich fing an zu realisieren, was eigentlich los war.

In den darauffolgenden Tagen nahm der Schwindel zu und der Druck war so hoch, dass ich noch nicht mal meinen Kopf beim Haarewaschen unten halten konnte. Als ob mein Kopf in einem Drehschraubstock liegen würde. Zu allem Überfluss fuhr uns der Krankenwagen, den wir schließlich riefen, ins falsche Krankenhaus, wo unnötige Untersuchungen von Ärzten gemacht wurden, die nicht im neurologischen Bereich tätig sind. Das Krankenhaus hatte schließlich keine neurologische Abteilung, die auf Blutungen von Kavernomen spezialisiert war. Schlussendlich sind wir dann doch im Katharinenhospital in Stuttgart angelangt.

Zwei oder drei Tage später war dann die OP angesetzt. Beim Aufklärungsgespräch  vom Narkosearzt wurde mir etwas mulmig zu Mute. Mit gesenktem Kopf saß ich im Rollstuhl, als  der Arzt, der die OP durchführen sollte, sich nach meinem Wohlbefinden erkundigte.  Zwar war ich aufgrund des unerträglichen Hirndrucks nicht in der Lage meinen Kopf aufrecht zu halten, um ihm in die Augen zu schauen, allerdings brach die Frage aus mir heraus: „Können Sie mich einschläfern?“

Am Tag darauf wurde ich in den OP geschoben.

Kapitel 3: Das Resultat

Nach der OP lag ich lange Zeit im Aufwachraum. Laut meiner Familie haben sich die Ärzte bereits Sorgen gemacht, da sie nicht davon ausgegangen sind, dass ich mich nach dieser langen und schweren Operation nur so langsam erholen würde. Als ich dann endlich langsam wieder zu mir kam, war auch mein älterer Bruder erleichtert, der den Tränen schon sehr nahe gewesen war. Ich fühlte mich wie in rosa Zuckerwatte gepackt. Schläuche um mich herum sowie Ärzte, die ich in meinem benommenen Zustand nicht richtig wahrgenommen oder registriert habe. Immer noch benommen, wurde mir der Beatmungsschlauch allmählich aus dem Hals entfernt. Als ich mich in kleinen Schritten von der Narkose erholte und wieder anfing zu essen, wurde mir so schlecht. Ich konnte keine Mahlzeit bei mir behalten. War das unangenehm, mich vor der Familie zu übergeben. Wie ich später erfuhr, hatte sich eine Art Blutschwamm  gebildet, und der übte  Druck auf das Gehirn aus.

Es kam also wie es kommen musste. Ich war gezwungen, erneut eine Gehirn-OP über mich  ergehen zu lassen. Dieses Mal wurde ein Bohrloch gesetzt, um einen Schlauch einzuführen, damit das Blut in einen Beutel abfließen konnte.  Endlich war ich in der Lage, das Essen in mir zu behalten. Durch die beiden OPs ging es mir zwar besser, allerdings war mein Sehvermögen eingeschränkt. Zu allem Überdruss musste ich über Nacht einen Uhrglasverband tragen, damit das Auge durch den fehlenden Liedschluss nicht austrocknete. Ein  Uhrglasverband ist ein spezieller Augenverband, der das Auge vor Infektionen schützt sowie vor dem Austrocknen. Dieser Verband besteht aus einer durchsichtigen Kunststoffkappe, die an ein Uhrglas erinnert. Um dieses Kunststoffkappe herum ist ein Pflasterverband befestigt. Am schlimmsten war für  mich, dass ich nicht mehr gehen konnte. Zusätzlich kam die Spastik am linken Arm dazu und Gesichtslähmung auf der rechten Seite. die Gesichtslähmung war für mich am unproblematischsten.

In der Reha besuchte ich eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB), beides fand im Hegau-Jugendwerk in Gailingen statt, wo ich  1 1/2 Jahre lang war. Die Ärzte ermutigten mich, dass sich mein Zustand mit viel Ehrgeiz und Willen verbessern kann. Inwieweit dies möglich ist, wollten sie nicht sagen. Wäre auch schön dumm, wenn sie sich festlegen lassen. Am Ende, wenn es dann doch nicht so ist, haben sie eine Klage am Hals. Während der Zeit in der Reha kristallisierte sich nach und nach heraus, in welchem Bereich Entwicklungspotenzial vorhanden war.

Die Spastik blieb zwar, dafür ist der Arm lockerer geworden und die Muskulatur stabiler. Die Grobmotorik funktionierte, die Feinmotorik ist bis heute  problematisch. Die größte Entwicklung wurde beim Laufen festgestellt. Heute ist der Rollstuhl Vergangenheit. Was die Seheinschränkung betrifft, gab es keine große Veränderung, außer dass ich nach 3 Jahren Augenklappe und 9 Augen OPs die Augenklappe endlich nicht mehr benötige. Die Gesichtslähmung blieb, allerdings gehört sie zu den Einschränkungen, die mich so gut wie gar nicht behindern. Während der 3 Wochen Klinikaufenthalt lag ich entweder im Bett oder besuchte mit meinen Eltern den Kiosk.

Gerade die Anfangszeit in der Reha war hart. Die jetzige Situation zu akzeptieren, Unterstützung beim Toilettengang, Duschen und Anziehen erstmal anzunehmen. Sobald ich die Tatsache akzeptierte, begann ich mehr auf Leute zuzugehen sowie zu kämpfen, und ich verspürte den Drang etwas zu ändern.

Kapitel 4: Anders sein

Reha Aufenthalt und die Rückkehr in ein neues Leben.

Mit dieser Einstellung ging ich motiviert in die Therapien rein.

Ich machte wirklich alles mit. Muskelaufbau der Beine, Gleichgewichts- und Ausdauertraining am Laufband, Ergometer und sogar für Schwimmen fand ich eine neue Leidenschaft. Einmal band mir die Physio-Tehrapeutin ein Seil um meine Taille, mit dem sie mich wie einen Hund an der Leine führte. Der Beweggrund dafür war, dass ich zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht richtig das Gleichgewicht halten konnte und die Gefahr bestand, dass ich beim Gehen stolpere. Damals trug ich noch einen Gips, der mein Bein stabilisierte.  Auch wenn ich mir wie ein Köter vorkam, ich machte mit. Nach über einem halben Jahr sah vieles bereits anders aus. Statt im Rollstuhl zu sitzen, lief ich am Rollator, die Ausdauer war wesentlich besser und ich konnte mich leichter mit meinen Einschränkungen arrangieren.

Im Laufe der Zeit hatte ich 9 Augen-OPs und konnte erst nach 3 Jahren endlich ohne Augenklappe rumlaufen. Klar, der Nystagmus bleibt, aber das Augenlid konnte sich wieder schließen. Nachts Bepantensalbe, tagsüber Augentropfen zum Ersatz der Tränenflüssigkeit, und das war’s. Für mein Empfinden ist das ein gigantischer Fortschritt.
Trotz des Fortschrittes gibt es einiges, was sich verändert hat. Statt im Haushalt mit anzupacken, gebe ich Anweisungen. Kommunikation hat eine ganz neue Bedeutung für mich gewonnen. Es fallen mir viele Dinge auf, die für die meisten selbstverständlich sind und ich betrachte so manches aus einem anderen Blickwinkel.
Wofür ich dankbar bin.

Auf die Vorurteile und die ständige Rechtfertigung für meinen Unterstützungsbedarf könnte ich aber wirklich verzichten. Sei es von Fremden oder den eigenen Familienmitgliedern, die einen selbst therapieren wollen. Und sie meinen, stets zu wissen, was alles zu funktionieren hat und was nicht – anstatt mir einfach zu vertrauen, dass ich selbst weiß, wo Unterstützung notwendig ist und wo nicht. Anders ausgedrückt: mich so zu akzeptieren, wie ich bin, und nicht ständig mit Ratschlägen und Tipps zu kommen. Selbst dann, wenn Sie es bloß gut meinen.

Kapitel 5: Was nun?

Derzeitig finden regelmäßig Physio- und Ergotherapie statt, um das Level zu halten. Privat gehe ich Wandern und zweimal die Woche Schwimmen, sofern ich die passenden Begleitpersonen habe. Zusätzlich habe ich in regelmäßigen Abständen Kontrolltermine bei meiner Neurologin, MRT und bei meinem Augenarzt.

Die Kavernome werden mir immer bleiben – und mit ihnen das Risiko einer erneuten Hirnblutung.

Secret Garden: Ein geheimer Garten, der Balsam für die Seele bringt

Wer der Hektik und dem Lärm des Alltags entfliehen möchte, der gehe durch den Reihmundhof in Wien. Denn zwischen den kleinen Läden und Kaffees versteckt sich das Restaurant „Secret Garden“. Eine Oase des Friedens, wo du deine Seele baumeln lassen kannst  und Mahlzeiten für Körper und Geist findest.

Räumlichkeiten:
„Secret Garden“ ist ein kleineres vegetarisches und veganes Restaurant. Kleine eckige Tische sind aneinandergereiht, man sitzt auf runden Stühlen. Optisch betrachtet sieht es gut aus, doch je enger Stühle und Tische stehen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit für mich, in so einer Situation über meine eigene Beine zu stolpern. Mit diesem Hintergrundwissen bevorzuge ich  Sitzbänke in Restaurants und Bars. Die grasgrünen Sitzbänke und die Topfpflanzen an der Wand hatten für mich etwas Beruhigendes, als ich mich setzte.
Hinter dem Tresen hielten sich zwei der Kellnerinnen auf, die Bestellungen entgegennahmen und gerade einer Kundin das Essen über den Tresen zum Mitnehmen reichten. Ich hörte wie die Leute in der Küche zu Gange waren. Der Raum war nicht zu klein und nicht zu groß. Somit konnte ich mich  schnell orientieren. Es war ziemlich ruhig, da nicht ganz so viele Gäste da waren. Als ich mich später auf den Weg zur Toilette machte, verlor ich kurz das Gleichgewicht  und nahm dadurch Notiz von dem Holzboden under meinen Füßen, der an der einen oder anderen Stelle nicht ganz eben ist. Lässt man die eng aneinandergereihten Tische und Stühle sowie die Unebenheiten des Holzbodens außer Acht, war das Restaurant für meine Bedürfnisse gut geeignet. Der Raum versprüht eine entspannte Atmosphäre.

Bestellprozess:
Sich die Menükarte von Matthis vorlesen zu lassen, ohne das Gefühl zu haben, sich schnell für ein Gericht entscheiden zu müssen, machte mich gelassen. Keine Ahnung wie es anderen Leuten damit geht, für mich ist es mega-anstrengend die Speisen auf der Menütafel zu entziffern, mich bei all dem Trubel in einem vollen Restaurant zu orientieren. Größtenteils bin ich so sehr damit beschäftigt, mich in unbekannten Räumen als Seheingeschränkte zu orientieren, dass es mir schwer fällt, eine schnelle und klare Entscheidung zu treffen.
Die Bedienung war sehr freundlich und das Essen ließ nicht lange auf sich warten.
Für Personen, die es eilig haben, besteht die Möglichkeit an der Theke Kuchen und warme Speisen zum Mitnehmen zu bestellen.

Geschmack:
Das Linsendal hatte einen leicht exotischen Touch und der Schoko-Kokoskuchen kann ich jedem Kokosliebhaber weiterempfehlen. Sehr luftiger, schockoladiger Geschmack mit einer intensiven Kokosnuss-Note.
Die Speisen werden in runden asiatischen Tellern oder Schüsseln serviert. Der Besuch versetzt einen direkt nach Asien.

Preis-Leistungs-Verhältnis:
Die Speisen sind ihr Geld absolut wert.

Fazit:
Jeder, der sich nach Erholung vom stressigen Alltag sehnt, einen anstrengenden Arbeitstag oder seine Probleme für einen Moment hinter sich lassen möchte, ist im Restaurant „Secret Garden“ genau am richtigen Ort.

https://www.secretgardenrestaurant.at/

Mit Seheinschränkung leben: Diese Hilfe brauche ich im Alltag

Ich lebe seit 2012 mit einer Seheinschränkung, einem sogenannten Nystagmus. Ich habe euch schon erklärt, was das ist, wie mein Sehen dadurch eingeschränkt ist und wie ich mich seit der  Seheinschränkung in meiner Wohnung organisiere. Bei vielem, was ich machen möchte, benötige ich Hilfe – vor allem, wenn ich unterwegs sein will. Was ist also die Aufgabe der Person, die mich im Alltag und auf Tour begleitet? Hier einige Tipps, die für Euch im Umgang mit seheingeschränkten Menschen vielleicht auch hilfreich sein können. Wobei es am besten ist, immer zu fragen, welche Hilfe auch erwünscht ist.

Sei es beim Arztbesuch, auf Reisen, beim Museumsbesuch oder auf größeren Veranstaltungen – es sollte der Begleitperson bewusst sein: Mich zu begleiten, ist mit Arbeit und Verantwortung verbunden, auch wenn es sich um Freizeitaktivitäten handelt.

Immer, wenn es rausgeht, bin ich auf Teamwork angewiesen:

Unterwegs mit Bus und Bahn:

Wenn ich unterwegs bin, verlangt meine Seheinschränkung den Assistenten einiges ab – aber selbst wenn mal was nicht so läuft, wie es soll, versuche ich es mit Humor zu nehmen. Vor allem Bus und Bahn werden für mich zur Wackelpartie. Meine Begleitung muss für mich nach einem Platz Ausschau halten und mir sagen wo ich mich festhalten kann. Bei diesem Tehma muss ich an eine Bahnfahrt auf der Reise nach Wien denken. Oft muss es schnell gehen, die Bahn war in diesem Fall nicht so nett, zu warten bis ich mich hingesetzt habe – ich bin ruckartig in den Sitz gefallen. Einmal bin ich sogar beinahe auf die Person gestürzt, die mir gegenüber saß. So oft wie dort in den öffentlichen Verkehrsmitteln hatte ich schon lange nicht mehr den Halt verloren.

Unterwegs mit dem Auto:

Wenn ich mit Assistenten im Auto unterwegs bin, dann ist das für mich komfortabler. Aber auch hier ein Beispiel, wo trotzdem Probleme entstehen können. Wir sind auf dem Weg zu einem Treffen, Termin oder zu einer Veranstaltung. Wenn ich schon ausgestiegen bin und die Begleitperson bemerkt, dass sie noch einen Parkschein lösen muss, dann sollte sie mir das mitteilen, bevor sie geht. Und sie sollte dafür sorgen, dass ich mich entweder setzen oder irgendwo so lange festhalten kann bis sie wieder kommt.

Unterwegs zu Fuß:

Wenn wir zu Fuß unterwegs sind, ist Kommunikation elementar. Denn ich kann es nicht ausstehen, wenn aus heiterem Himmel an mir gezogen wird. Ich muss und möchte erst einmal wissen, was los ist. Sagt mir zum Beispiel, dass ein Auto entgegenkommt, das ich nicht sehe. Oder sagt mir, dass wir abbiegen müssen. Oder dass ihr mir etwas zeigen möchtet. Ihr habt einen Mund zum Reden, also benutzt ihn auch. Kommt nicht mit solchen vagen Aussagen wie „Da kommt ein Auto“, „Hier lang“, „Da hin“ oder – noch schlimmer – mit Schweigen. Wichtig ist, dass ihr die Umgebung für mich genau betrachtet und mögliche Stolperfallen für mich erkennt. Das könnte sein: ein nicht rangerückter Stuhl, eine Teppichkante, Stufen, der Bordstein oder ein sonstiger Absatz, Wurzeln oder Steine auf dem Weg.

Aber es gibt noch viel mehr Punkte in meinem Alltag, an denen ich Hilfe brauche. Und Verhaltensweisen, auf die ich besonders viel Wert lege:

Beschreibung meines Umfeldes bei Gefahr:

Wenn ihr mich warnen wollt, dann reicht es nicht „Vorsicht, pass auf“ zu sagen. Wenn ich so was höre komme sogar ziemlich schnell ins Schwanken, weil ich verunsichert bin. Die Angaben sollten möglichst präzise sein. „Vor dir kommt eine Stufe“, „Links von dir möchte eine Person vorbei“, „Direkt hinter dir steht ein Einkaufswagen“ – damit kann ich was anfangen. Und immer gilt: Beschreibe mir, was Du siehst.

Beschreibung eines Weges:

Die Seheinschränkung brachte mir die erschreckende Erkenntnis, dass die Sehenden richtig mies darin sind, Wege so zu beschreiben, damit ich was damit anfangen kann. Bei Wegbeschreibungen ist es wichtig für einen Seheingeschränkten, zu wissen, dass er oder sie auf dem richtigen Weg ist. Makante Anhaltspunkte sind dabei sehr hilfreich. Das kann eine Baustelle, ein Dornenbusch, eine Kirche oder ein Geschäft sein.

Beschreibung von sehenswerten Besonderheiten:

Sehenswürdigkeiten oder Kunst im Museum zu beschreiben ist noch einmal schwieriger. Aber versucht es. Ihr schenkt der seheingeschränkten Person einen großen Mehrwert damit. Der Besuch in einem Museum oder eine Reise gewinnt an Qualität und ihr selbst lernt noch etwas dazu. Ohne genaue Beschreibungen sind Museumsbesuche oder Fahrten zu Sehenswürdigkeiten aus meiner Sicht sonst reine Zeitverschwendung für mich.

Unterstützung bei schriftlicher Kommunikation:

Zu meinen Alltag gehört wie bei jedem anderen Menschen schriftliche Kommunikation. Wer mich kontaktieren möchte, sollte das am besten über WhatsApp oder per Mail tun. Dort habe ich die Möglichkeit, den Text zu vergrößern. Für weiterleitete Dokumenten per Mail sind PDF-Dateien für mich am praktischsten. Falls nur ein Blatt Papier in greifbarer Nähe ist, um schriftlich etwas festzuhalten, dann am besten groß, in Druckschrift und mit einen dicken Filzstift schreiben.

Orientierungshilfe bei Veranstaltungen:

Meine Assistenz teilt mir mit, wenn ihr den Raum betretet oder das Gespräch verlässt. Fragt mich, wo ich sitzen möchte, beschreibt mir den Raum und die möglichen Sitzplätze.

Gibt es noch weiter Punkte?

Die Assistenz ist also so gut wie immer meine Begleitung. Aber trotzdem möchte ich selbst wahrgenommen werden. Fangt nicht an, Fragen an die Assistenz zu stellen, die eigentlich an die Person mit Behinderung gerichtet sind. Das empfinde ich als dermaßen respektlos. Es gibt mir das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Es ist, als ob ich nicht existieren würde. Gleichzeitig solltet ihr der Assistenz Wertschätzung entgegenbringen.